DIE OLMÜTZER BRUNNEN

Von der Kateřinská-Straße aus geht es in Richtung Rathaus – vorbei an zwei Brunnen: dem Jupiter- und dem Neptunbrunnen. Ihre Entstehung und auch die der anderen Brunnen werden wir nun vor dem Hintergrund der mythologischen Symbolik und des historischen Kontextes betrachten.

Die Legende über die Gründung der Stadt Olmütz fand an der Schwelle zur Neuzeit eine erste künstlerische Ausdrucksform: Ab den 1540er Jahren befand sich der, heute nicht mehr existierende, Renaissance-Brunnen namens Caesar-Brunnen zwischen dem Rathaus und der Ostružnická-Straße auf dem Oberen Marktplatz (Horní náměstí). Zur Jahrhundertwende des 17. und 18. Jahrhunderts war der Fuß des sagenumwobenen Hügels Michalské návrší von sechs Springbrunnen mit je einer Statue eines antiken Gottes umringt: Neptun, Herkules, Triton, Caesar, Merkur und Jupiter. Zuerst entstand 1683 auf dem Unteren Marktplatz der Brunnen des griechischen Wassergottes Neptun, der von vier Seepferdchen umgeben ist. Als zweites folgte dann 1687 der Herkulesbrunnen auf dem Oberen Marktplatz. Der sagenhafte Held trägt das Olmützer Wappen – einen geschachten Olmützer Adler – in der Linken und ist als der Beschützer der Stadt dargestellt. Mit seiner riesigen Keule vermag er die Angriffe der Hydra zu seinen Füßen abzuwenden. Heute befindet sich dieser Brunnen vor der Nordfassade des Rathauses – der Architekt Wenzel Render war es, der den Brunnen 1716 an seine heutige Stelle platzierte, denn er benötigte Platz für die geplante Dreifaltigkeitssäule.

Von hier geht es weiter zum Florian-Brunnen auf dem Unteren Marktplatz, an dem Render sein Können bei der figurativen Darstellung unter Beweis stellte. Der Brunnen besteht nicht nur aus der Statue des beliebten Schutzpatrons gegen Feuer und Überschwemmungen, sondern auch aus einem einfachen Steinbehälter und einem mit Reliefs versehenen Sockel. Der 1707 gefertigte Brunnen blieb jedoch nicht einmal 20 Jahre lang in seiner ursprünglichen Gestalt. Der christliche Heilige wurde 1735 durch eine Statue des antiken Gottes Jupiter ersetzt. Renders ursprüngliche Statue wurde damals in den Hof des Stadtguts in Skrbeň verbracht, wo sie bis heute steht. Vielleicht gaben Prestige- und Machtstreben den Impuls für diese Abänderung des Brunnens. Denn gerade zu dieser Zeit arbeiteten die Prämonstratenser im Kloster Hradisko an einem ebenso ehrgeizigen Projekt: Am Bau des Saturn-Brunnens, der im Innenhof der neu gebauten Prälatur stehen sollte. Die zentrale Saturn-Statue ist hier als Chronos (der Gott der Zeit) dargestellt und hält eine Sense und einen Spiegel in den Händen. Außerdem wird er von zwei Helden des Alten Testaments flankiert: Samson und Gideon – Allegorien auf Tag und Nacht.

Ein unbekannter Künstler hat die wohl am reichsten verzierte Komposition geschaffen: den Triton-Brunnen. Hier sieht man je zwei Wassermänner und Delfine, die gemeinsam eine steinerne Muschel tragen. Aus der Muschel steigt ein junger Bursche mit zwei Wasserhunden. Eine ähnlich glückliche Hand bei der Wahl des Bildhauers hatte Wenzel Render beim Auftrag zum Bau des Caesar-Brunnens. An diesem Werk arbeitete er nämlich mit dem talentierten jungen Bildhauer Johann Georg Schauberger zusammen, dem es dank der anspruchsvollen Statuengruppe gelang in die Olmützer Bildhauerzunft aufgenommen zu werden. Bei diesem Werk blickt Caesar, auf einem Pferd sitzend, mit einer selbstbewussten Geste in Richtung Michalské návrší, auf dem zur Zeit der Entstehung des Werkes noch immer der „heidnische“ Juliusturm (Turris Iulia) stand – die Reste eines uralten Gehöfts, von dem man glaubte, dass hier einst der berühmte Kaiser höchstpersönlich gewohnt habe. Vervollständigt wird die Komposition durch die Flussgötter Morava (March) und Danubia sowie durch die Landeswappen von Mähren und Niederösterreich und durch die Figur eines sitzenden Hundes – ein Symbol für die Kaisertreue der Stadt Olmütz. Dieses monumentale Werk wurde am Namenstag des heiligen Michael, am 29. September 1725, fertiggestellt.

Mit dem Erzengel Michael hängt schließlich auch die Symbolik des letzten barocken Brunnens zusammen: dem Merkur-Brunnen aus dem Jahr 1727. Der Bote Gottes, Merkur (griechisch Hermes), hatte in der Antike eine ähnliche Aufgabe wie der Erzengel Michael im Alten Testament. Beide begleiten die Seele der Verstorbenen und verkünden Gottes Willen. Die von Filip Sattler gestaltete Statue ist mit einem vergoldeten Hermesstab oder Caduceus ausgestattet. Diese Sandstein-Statue ist aus künstlerischer Sicht von allen Olmützer Brunnen die gelungenste.
Die wahre Krönung sollte aber eigentlich der 7. Brunnen – der Arion-Brunnen – werden, für den ein ganz besonderer Platz, nämlich vor der südwestlichen Ecke des Rathauses, vorgesehen war. Ähnlich wie bei den älteren Brunnen wollten sich die Olmützer Bürger auch hier der antiken Sagen bedienen, diesmal sollte es um den berühmten griechischen Dichter, Sänger und Kithara-Spieler Arion gehen. Er lebte zur Jahrhundertwende des 7. / 6. Jahrhunderts v. Chr. Die Figur des Arion wurde in der literarischen und künstlerischen Tradition häufig als lebendes Beispiel für wieder hergestellte Gerechtigkeit und Rettung vor dem Verderben dargestellt. So sahen seine Person höchstwahrscheinlich auch die Olmützer Bürger, die die Erniedrigung ihrer Stadt nach dem Dreißigjährigen Krieg kaum ertrugen – schließlich hatte sie den Status der mährischen Hauptstadt verloren und wurde später in eine militärische Grenzfestung umgebaut, wodurch die Selbstverwaltung weiter eingeschränkt wurde. Der geplante Brunnen sollte alle Besucher der Stadt und vor allem den Herrscher schon gleich auf dem Marktplatz daran erinnern, dass eine Stadt mit einer so ruhmreichen Vergangenheit und einem so großen Verdienst nicht weiter gedemütigt und ihrer rechtmäßigen Privilegien beraubt werden darf. Erst nach 1989 kehrte der Olmützer Stadtrat zum einstigen Vorhaben zurück. Das Projekt zum Bau eines 7. Brunnens zum Thema „Arion“ wurde in das Bauvorhaben zur Restaurierung des Oberen Marktplatzes aufgenommen. Dieses Bauvorhaben wurde ab 1995 vorbereitet. Durch diese eindeutige Geste sollte die Bestrebung besiegelt werden, dass die Stadt umfassend erneuert wird. Olmütz war nämlich während der jahrzehntewährenden kommunistischen Diktatur ihrer eigenen Kultur und historischen Identität beraubt worden. Der Bildhauer und Sohn der Stadt Ivan Theimer folgte zusammen mit der toskanischen Architektin Angela Chiantelli dem Aufruf des Stadtrats und nahm sich des Projekts an.

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Kapesní obrazový průvodce OlomoucOlmütz (Olomouc) auf der Landkarte

Auf dem Unteren Marktplatz befindet sich der Neptun-Brunnen, dem antiken Herrscher der Meeregeweiht, Bildquelle: Archiv Vydavatelství MCU ...
1/ Wenzelsdom 2/ Zdík-Palast (Erzdiözesanmuseum) 3/ Triton-Brunnen (Platz der Republik) 4/ Maria-Schnee-Kirche 5/ Oberer Marktplatz 6/ ...
Der barocke Herkules-Brunnen, Bildquelle: Archiv Vydavatelství MCU s.r.o., Foto: Libor Sváček
Caesar-Brunnen, Bildquelle: Archiv Vydavatelství MCU s.r.o., Foto: Libor Sváček
Der Untere Marktplatz mit dem Jupiter-Brunnen, Bildquelle: Archiv Vydavatelství MCU s.r.o., Foto: Libor Sváček
Der kleineste aller Olmützer Brunnen befindetsich neben der Moritzkirche., Bildquelle: Archiv Vydavatelství MCU s.r.o., Foto: Libor Sváček